Märchenhaftes im Krönbacken

Schmuckexperimente „Stroh zu Gold“

Laudatio zur Vernissage am 20.08.2004 im Kulturhof zum Güldenen Krönbacken/Vorderhaus

(Fragment)

„Not macht erfinderisch“, moralisierte das Grimmsche Rumpelstilzchen, doch die Schmuckkünstler der mit Edelmetallen nicht eben üppig ausgestatteten DDR machten aus dieser Not eine kreative Tugend und badeten schon vor 20 Jahren mit internationalem Erfolg ihre Phantasie im wundersamen Alltag von Haushaltswarenläden und Sperrmüllcontainern – frei nach Marcel Duchamp. Diese Idee inspiriert auch neue Generationen, wie im Juni ein 14-tägiges Arbeitstreffen von acht Absolventen der Goldschmiedeklasse Arnstadt mit ihrer ehemaligen Lehrerin Uta Stade in den Erfurter Künstlerwerkstätten zutage brachte.

 

Die magischen Verwandlungsprodukte, vom 20.08. (Vernissage 18.00) bis 12.09. im Vorderhaus des Kulturhofs Krönbacken zu bestaunen, verweisen auf die Wurzeln einer Ausbildung, die offensichtlich so handwerklich solide wie künstlerisch anregend war, dass in kürzester Zeit wahrhaft verblüffende Schöpfungen entstehen können. Ob unendliche Metamorphosen von Papier wie bei der künftigern Metallrestauratorin Wibke Bernhard oder verfremdete Tetrapacks unter den Händen des inzwischen in Stuttgart als Goldschmied ansässigen Jan Bornkessel – ob der flüchtige Zauber des Lichts im Fensteremail der Weimarer Goldschmiedemeisterin Silke Borowski oder die durch die beiden Schmuckstudentinnen Karoline Finke und Grit Hermann zu neuen Ehren gelangten goldschimmernden Garnspindeln und wieder belebten Fundstücke – ob die Erinnerungsgefäße im Materialmix der wandernden Silberschmiedin Julia Lieffertz oder die flüchtigen Insekten von Mandy Rasch, ebenfalls als Schmuckstudentin auf dem Weg zum Eigenen – ob gesponnene Gedankengebirge der Diplomschmuckgestalterin Karola Torkos oder (last but not least!) der Traum eines wogenden Ährenfeldes der gestandenen Erfurter Schmuckpersönlichkeit Uta Stade: Phantasie und Kreativität springen auf den Betrachter über und beweisen überzeugend, was möglich ist unter den Bedingungen eines gemeinsamen Tuns frei vom kommerziellen Druck der Existenzbehauptung.