Es gibt ein Phänomen, das zwar inzwischen zur Gewohnheit geworden sein müsste, aber doch jedes Mal wieder überrascht und überwältigt: Mehrmals in jedem Jahr erreichen uns diese besonderen Anrufe und Briefe: Männer und Frauen jeden Alters, in Erfurt geboren und aufgewachsen oder auch nur zeitweise zu Gast – etwa als Student, zieht es nach Jahren der Abwesenheit geradezu magisch zurück in die Mauern dieser wunderbaren Stadt, um ihr ein erfolgreiches Leben wie zum Dank zu Füßen zu legen.
Und jedes Mal tut sich ein unverwechselbares Schicksal mit einer beeindruckenden Lebensleistung vor uns auf, das dieser an Kulturtraditionen so reichen Stadt zu größter Ehre gereicht.
Erfurt gibt diesen Dank, das darf ich versichern, hundertfach zurück!
Genauso war es auch im Sommer 2004, als ich eine Ausstellungs-Bewerbung für den Kulturhof Krönbacken in Händen hielt und sofort begeistert war von der wundervollen, von sinnlicher Lebensfreude getragenen und doch formal fein ausbalancierten Malerei eines Professors aus Berlin, von dem ich zu meinem größten Bedauern zuvor noch niemals etwas gehört und gesehen hatte. Auch die Galerievergabekommission war schnell zu überzeugen, und so konnte Gerhart Bergmann am 15. Januar 2005 mit seiner Kunst in seiner Geburtsstadt Einzug halten – über 60 Jahre nach seinem unfreiwilligen Fortgang als Soldat des 2. Weltkrieges.
Diese Vernissage, einfühlsam begleitet von seinen rede- und klanggewaltigen Freunden und vorbereitet nicht zuletzt auch durch seine mit größter Hingabe engagierte Frau Barbara, war Ausgangspunkt einer Verschwörung zwischen Freunden und Frau und einigen begeisterten Erfurter Bürgern, allen voran dem Vorsitzenden des Erfurter Kunstvereins Herrn Ernst Herrbach, dem ich ganz herzlich für seine Beharrlichkeit danken möchte, die heute Früchte trägt: Gerhart Bergmann kann seine leidenschaftlich lodernde Malerei im ersten Haus am Platze seinen ehemaligen Mitbürgern vor Augen und Seele tragen.
Und obwohl seine schon lang an den Kräften zehrende Krankheit ihn diesen wunderbaren Augenblick leider nicht mehr körperlich erleben lässt, so war diese besondere Heimkehr doch bis zuletzt in seinem Blickfeld und ließ ihn sein Leben abrunden, wie es beglückender und tröstlicher nicht sein kann.
Ich meine, wir können sicher sein, dass er in diesem Augenblick ganz nah bei uns ist und diesen Erfolg mit uns teilt.
Gern wäre er sicherlich zur Feier des Tages wie damals vor über zwei Jahren noch einmal mit uns in die „Feuerkugel“ zu Bier und Klößen eingekehrt. Aber vielleicht kann ja heute ein Bier für ihn mit auf den Tisch gestellt werden.
Zu wünschen und zu hoffen ist natürlich auch, dass die Bürger seiner auch über die vielen Jahre unvergessen gebliebenen Geburtsstadt diese Gabe zu würdigen wissen und das Vermächtnis eines von der Kunst besessenen Malers so zahlreich wie möglich entgegennehmen.
Mir ist es eine Ehre, dies heute in ihrem Namen bereits tun zu dürfen!
Es kann wohl kein Zufall gewesen sein, dass mir wenige Tage nach Gerhart Bergmanns Tod im Mai diesen Jahres Worte des Autors Thomas Carlyle vor Augen kamen, die nicht besser zu diesem Leben und seinem Werk passen könnten, das uns Gerhart Bergmann wie einen strahlenden Schatz hinterlassen hat:
Ein guter, edler Mensch,
der mit uns gelebt,
kann uns nicht genommen werden;
er läßt eine leuchtende Spur zurück
gleich jenen erloschenen Sternen,
deren Bild noch nach Jahrhunderten
die Erdbewohner sehen.
Thomas Carlyle
Erfurt, 21. Juni 2007 | Dr. Jutta Lindemann