Moritat von den Fotografen

Begrüßung zur Ausstellungseröffnung „Zeichnen mit Licht“ der Fachhochschule Erfurt am 18.01.2008

Fotografen wollen allen, die ihr Werk sehn, stets gefallen:

Bildlich seht ihr jetzt hier hangen, was sie letztens angefangen

in der Dunkelkammer Schwärze und danach noch anderwärtse

mit dem Drucker und PC hinten an der FHE!

 

 

Mensch, genieße ihre Streiche, aber tu nicht gleich das Gleiche

mit behaglichem Gekicher, weil du meinst, du kannst das sicher,

sondern das bedenke stets: Nur wenn man’s richtig macht, dann geht’s!

Dazu aber braucht es Leitung und ein bisschen Vorbereitung,

einen Lehrer mit Geschick und vor allem ganz viel Glück.

 

 

Denn was muß man oft von bösen Fachhochschulstudenten lesen!

Mancher seine Mühe hat mit dem Fotoapparat!

Wer, anstatt durch weise Lehren sich zum Guten zu bekehren,

Oftmals noch darüber lacht und sich heimlich lustig macht

über seines Lehrers Wort – dieser ist wohl fehl am Ort!

 

 

Doch ganz anders, still und leise, geht der Gute auf die Reise:

Krempel sammeln, Tiere fangen, keck nach Diamanten langen,

Dinge, die herum nur lagen, mühevoll zusammentragen,

 

 

Obst zerschnippeln, Glas zersplittern, allerhand zusammenklittern,

aus dem Müll zusammenklauben Knöpfe, Murmeln, Röhrchen, Schrauben,

Zucker kochen mit viel Mühe, bis alles überschwemmt die Brühe.

 

 

Doch was woll´n sie damit nun denn in Gottes Namen tun?

All das dient, wie man nun weiß, einzig wildem Forscherfleiß!

Aber wehe, wehe, wehe, wenn ich auf das Ende sehe!

 

 

War es doch ein schlimmes Ding, wie es manchem Forscher ging!

Und so gab’s auch manch Maleur, anderes war viel zu schwör,

dieses war nicht schön genug, keiner wurd´ aus jenem klug.

Und stets fand Überraschung statt, wo man sie nicht erwartet hat.

 

 

Aber trotz der Technik Launen gab es schließlich viel zum Staunen.

Und so hängt nun hier ganz munter manches von der Wand herunter,

was denn doch gelungen scheint, wie nicht nur der Schöpfer meint.

 

 

Denn trotz Schrecken und Gefahren alle doch erfolgreich waren,

die ihre Funde abgelichtet (das Essbare wohl dann vernichtet),

und sahen auch mit viel Vergnügen manch Blätter, Blüten, Gräser liegen,

selbst einen Mehlwurm in der Brunst – und alles, alles wurde Kunst!

 

 

Papier und Folie, Kabelbinder, selbst Lüsterklemmen – was dahinter

an Seele und Ästhetik sitzt – dank ihres Wirkens weiß man’s itzt.

Und schlaflos läge ich im Bette, wüsst ich nicht, was die Lichterkette

für heftige Effekte bringt, wenn sie auf Fotopapier blinkt.

 

 

Dass die Zitrone eine Sonne, erleb ich heuer voller Wonne,

die Kiwi wird zur Weltamöbe, als ob sie Gott dazu erhöbe,

Doch ist es nur der Fotograf – das nenn ich aber wahrlich brav.

 

 

Wo schließlich die – ich seh es so – Tomate wird zum Embryo,

der erstmal seine Zelle teilt und dann ins Leben flott enteilt …

Der Fotogramme Wunderwelt uns eines klar vor Augen hält:

Das Kleine mit dem Großen eint der gleiche Geist, der Leben meint.

 

 

Zu der Erkenntnis führt ein Mann, der solcherlei schon lange kann

und mannigfach es hat bewiesen – und jeder, denk ich, nennt mir diesen!

Denn jedermann in Erfurt kennt einen, der sich Behrens nennt!

 

 

Der Gummitiere konterfeit, nach dem heut jede Nudel schreit,

dass er sie porträtieren sollt – beim das Mobile schon rollt,

wenn er es nur noch scharf belichtet – von dem mit Ehrfurcht wird berichtet!

 

Ja, Jungs und Mädels, seht es ein, ihr hattet wirklich mächtig Schwein:

Er ließ euch Blut und Spucke mischen, er ließ euch volle Flaschen zischen,

damit sie leer den Boden zeigen – man muss sich wirklich tief verneigen!

 

 

Wie und wo und wann es sei, hinten, vorne, einerlei –

alles sieht der Meister gern, denn nicht Neues ist ihm fern.

Drum hat in der FH-Gemeinde jedermann ihn gern zum Freunde.

 

 

Also lautet ein Beschluß, daß der Mensch was lernen muß.

Nicht allein das Abc bringt den Menschen in die Höh‘;

nicht allein in Schreiben, Lesen übt sich ein vernünftig Wesen;

nicht allein in Rechnungssachen soll der Mensch sich Mühe machen,

 

 

Auch der Fotografen Lehren muß man mit Vergnügen hören!

Dies ist wohl bei ihm der Fall, Zeugen seid hier rings ihr all!

Drum voll Dankbarkeit sodann zündet Eure Pfeifchen an!

(Aber eines rat ich dir: Tu es draußen vor der Tür!)

 

 

Es ist ein Spruch von früher hier: Wer Freude hat, der hat auch Bier,

und kanns einmal kein Bierchen sein, so tuts wohl auch ein Gläschen Wein!

Denn im ganzen Ort herum geht ein freudiges Gebrumm:

„Gott sei Dank! Nun ist’s vorbei mit der Fotefiererei!“

 

 

Doch ich fürchte – wehe euch! – dies war nicht sein letzter Streich!

Denn jeder, der ihm zugesellt, ruft: „Linse auf! Was kost’ die Welt?“

Und weiß doch schon, sie kostet nur den guten Blick für die Natur

und alles, was da kreucht und fleucht und in der Abfalltonne leucht.

 

 

Denn Farben, Formen, Linien, Licht – welch Gegenstand hat die denn nicht?

Was man nur ansieht, anfasst, schmeckt – das alles nutzt der Architekt

so wie der Künstler zur Idee – nur, wenn’s mal schief geht, sagt er: „Nee!

Beim nächsten Mal, da bin ich schlauer, da seh‘ ich’s besser und genauer!

Nur so erfährt man, was die Welt im Innersten zusammen hält!“

 

 

Erfurt, 17.01.08  |  Dr. Jutta Lindemann

(frei nach Wilhelm Buschs „Max und Moritz“ mit einem bisschen Goethes „Faust“)